figure humaine kammerchor
Stuttgarter Posaunen Consort (Leitung: Prof. Henning Wiegräbe)
Hyelin Lee, Orgel
Denis Rouger, Leitung
15.06.2024: Evangelische Kirche Maikammer (Neustädter Orgelsommer)
16.06.2024: Gaisburger Kirche Stuttgart
figure humaine kammerchor
Stuttgarter Posaunen Consort (Leitung: Prof. Henning Wiegräbe)
Hyelin Lee, Orgel
Denis Rouger, Leitung
Anton Bruckner (1824-1896)
Moritz Hauptmann (1848-1933)
Philippe Mazé (*1954)
Axel Ruoff (*1957)
Jan Müller-Wieland (*1966)
Anton Bruckner
Aequale Nr. 1 (3 Posaunen)
Ave Maria (Chor a cappella)
Afferentur regi (Chor und 3 Posaunen)
Kantate Op. 38 : Herr, wende Dich zum Gebet (Soli, Chor,
4 Posaunen und Orgel)
Fantaisie pour la fête de la dédicace (Orgel)
Magnificat (Chor und Orgel)
Aus „Drei geistliche Gesänge“:
Komm, Trost der Welt (Chor a cappella)
Erscheinung (Orgel)
Moresca (4 Posaunen)
Pange lingua (Chor a cappella)
Christus factus est (Chor a cappella)
In jener letzten der Nächte (Chor a cappella)
Libera me (Chor, Orgel und 3 Posaunen)
Ecce sacerdos magnus (Chor, Orgel und 3 Posaunen)
Anton Bruckner
(1824-1896)
Moritz Hauptmann
(1848-1933)
Philippe Mazé (*1954)
Axel Ruoff (*1957)
Jan Müller-Wieland
(*1966)
Anton Bruckner
Aequale Nr. 1
(3 Posaunen)
Ave Maria (Chor a
cappella)
Afferentur regi (Chor
und 3 Posaunen)
Kantate Op. 38 : Herr,
wende Dich zum Gebet
(Soli, Chor,
4 Posaunen und Orgel)
Fantaisie pour la fête de la dédicace (Orgel)
Magnificat (Chor und Orgel)
Aus „Drei geistliche
Gesänge“:
Komm, Trost der Welt
(Chor a cappella)
Erscheinung (Orgel)
Moresca (4 Posaunen)
Pange lingua (Chor a cappella)
Christus factus est (Chor a cappella)
In jener letzten der Nächte (Chor a cappella)
Libera me (Chor, Orgel und 3 Posaunen)
Ecce sacerdos magnus (Chor, Orgel und 3 Posaunen)
Anton Bruckner (1824-1896)
Aequale Nr. 1 (3 Posaunen)
Ave Maria (Chor a cappella)
Afferentur regi (Chor und 3 Posaunen)
Moritz Hauptmann (1848-1933)
Kantate Op. 38 : Herr, wende Dich zum Gebet (Soli, Chor, 4 Posaunen und Orgel)
Philippe Mazé (*1954)
Fantaisie pour la fête de la dédicace (Orgel)
Magnificat (Chor und Orgel)
Axel Ruoff (*1957)
Aus „Drei geistliche Gesänge“:
Komm, Trost der Welt (Chor a cappella)
Erscheinung (Orgel)
Jan Müller-Wieland (*1966)
Moresca (4 Posaunen)
Anton Bruckner
Pange lingua (Chor a cappella)
Christus factus est (Chor a cappella)
In jener letzten der Nächte (Chor a cappella)
Libera me (Chor, Orgel und 3 Posaunen)
Ecce sacerdos magnus (Chor, Orgel und 3 Posaunen)
Was bedeutet Ewigkeit? Es ist eine Frage, die sich der ein oder andere vielleicht schon einmal gestellt hat. Formal können wir sie zwar beantworten, geistig hingegen umso weniger fassen. So kann man sich etwa einen langen Zeitraum vorstellen – sicherlich. Man kann sich auch einen sehr langen Zeitraum vorstellen. Oder einen seeeehr langen. Aber einen Zeitraum, der ewig ist? Nahezu unmöglich. Allein das Wort „Zeitraum“ schließt Ewigkeit im Grunde aus. So macht sich jeder sein eigenes Bild, um möglichst nahe an die wahre Ewigkeit heranzukommen. Auch Anton Bruckner, dem das heutige Konzert anlässlich seines 200. Geburtstages gewidmet ist, wird sich ein solches gemacht haben – war er doch ein tiefgläubiger Mensch. Seine 9. Symphonie soll er „dem lieben Gott“ gewidmet haben und nicht umsonst wird er bis heute „Musikant Gottes“ genannt. Wie er sich die Ewigkeit vorgestellt hat, werden wir wohl nie erfahren, aber viel-leicht können wir es erahnen, wenn wir seine Musik hören. Eine Musik, die wie kaum eine andere von seinem Glauben an Gott und die Ewigkeit durchzogen ist. Neben seinen Symphonien und großbesetzten Vokalwerken wie etwa dem Te deum wird das vor allem in seiner A-cappella-Musik deutlich.
Ruhig, wie eine unaufdringliche Einladung, steht die Aequale Nr. 1 am Beginn des Konzertes. Bruckner komponierte sie 1847 für das Begräbnis seiner Tante Rosalia Mayrhofer. Doch auch wenn die Aequale ursprünglich als Trauermusik geschrieben wurde, wirkt sie hier eher wie eine Ouvertüre für das darauffolgende Ave Maria. Beide Werke haben eine ähnliche Anmutung, die vor allem in ihrer homophonen Struktur begründet liegt – und doch liegen 14 Jahre zwischen den Kompositionen. Als Bruckner die Aequale komponiert, ist er Hilfslehrer an der Schule von Sankt Florian, ein Ort der ihn so geprägt hat, dass er später auf eigenen Wunsch dort begraben wird. Dennoch sehnt er sich nach einer gewissen Zeit fort. „Ich habe hier gar keinen Menschen, dem ich mein Herz öffnen dürfte, werde auch in mancher Beziehung verkannt, was mir oft heimlich sehr schwer fällt. Unser Stift behandelt Musik und folglich auch Musiker ganz gleichgültig. […] Ich kann hier nie heiter sein, und darf von Plänen nichts merken lassen“, schreibt er in einem Brief 1852. Drei Jahre später wechselt er nach Linz und wird Domorganist – es ist sein Schritt weg vom Lehrberuf hin zum professionellen Musiker. Hier wird er hochgeschätzt, nicht nur als Organist, sondern auch als Chorleiter. Insbesondere auf metrische Genauigkeit, saubere Intonation und dynamische Feinheiten legt er Wert und macht damit seinen Chor über die Stadtgrenzen hinaus berühmt. Es ist also kein Wunder, dass seine Motetten wie Ave Maria oder Afferentur regi ihre höchste Wirkung genau dann entfalten, wenn all dies zusammenkommt.
Ähnlich wie Anton Bruckner legt auch Moritz Hauptmann, der auf Empfehlung von Louis Spohr und Felix Mendelssohn Bartholdy 1842 zum Thomaskantor ernannt wurde, großen Wert auf Harmonie. „Die meisten wissen’s gar nicht, was reine Harmonie ist, haben kein Bedürfnis danach“, schreibt er in einem Brief von 1856. Dabei geht es ihm weniger um die reine Vertikalität der Musik, sondern vielmehr um den Zusammenklang der einzelnen Linien – und zwar nicht nach der temperierten Stimmung des Klaviers (nach dieser ließe sich nämlich nicht singen), sondern der wahrhaft reinen. Dieser reine Zusammenklang sei das Menschliche und Persönliche der Musik, durch ihn berühre die Musik den Menschen. Diese Reinheit und Einfachheit des musikalischen Ausdrucks ist es, die ihn auch bei der Komposition seiner Kantate Herr, wende Dich zum Gebet leitet. „Warum soll denn der liebe Gott immer so angedonnert werden [...]; in der Sache liegt’s gerade nicht, daß bei ‚Preis Dir‘ oder ‚Groß ist der Herr‘ es immer schmettern und wirbeln müßte.“ Der Zuhörer soll den Text emotional verstehen und alles zu Komplizierte würde dem im Wege stehen.
Mit Philippe Mazé endet schließlich der erste Teil des Konzertes. Auch er ist wie Anton Bruckner ein tiefgläubiger Mensch. Musik ohne einen Bezug zu Gott gibt es für ihn nicht. Selbst seine weltliche Musik hat immer einen spirituellen Anklang. So ist seine Fantaisie pour la fête de la dédicace, eine Art instrumentales Zwischenspiel des Konzerts, der Kirche La Madeleine in Paris und ihrem derzeitigen Hauptorganisten François-Henri Houbart gewidmet. Im Magnificat, das in diesem Konzert seine deutsche Erstaufführung erfährt, zeigt Mazé die große Vielfalt des Gebets – vom intimen persönlichen Gespräch bis zum prachtvollen Lobgesang.
Ähnlich wie die erste Hälfte des Konzerts beginnt auch die zweite ruhig, bevor sie sich zum Ende hin öffnet. Doch anders als Bruckners Aequale spielt Axel Ruoff in Komm, Trost der Welt mit reichen, komplexen Harmonien, die erst in vollständiger Reinheit wirklich zum Klingen kommen. Der warme, tiefe Klang soll dem Zuhörer Trost spenden. Das Erleben steht viel mehr im Vordergrund als der bloße Klang.
Über zwei instrumentale Werke findet das Programm seinen Weg wieder zurück zu Anton Bruckner. Mit Pange lingua, einem Fronleichnamshymnus, knüpft sich Bruckner einen Text vor, den er bereits in seiner frühen Jugend behandelt hatte. Es ist allerdings keine Weiterentwicklung des damals entstandenen Stückes (eine solche verfasst er erst später, gegen Ende seines Lebens) – sondern eine gänzlich neue Komposition. Doch obwohl sie bereits 1868 entsteht, wird sie erst über 20 Jahre später uraufgeführt. Mit scheinbar einfachen Mitteln schafft Bruckner hier ein harmonisch originelles und ausdrucksstarkes Werk, das sich zunächst lediglich aus einem Ton aufbaut. Einen ähnlich schlichten und dunklen Anfang wie für Pange lingua wählt Bruckner auch für Christus factus est. Diese Motette zählt zu den schönsten Motetten Bruckners und wird häufig als Meisterwerk bezeichnet. Auch sie zeichnet sich durch eine avancierte spätromantische Harmonik aus. In ihr spürt man Bruckner als großen Sinfoniker, der den Raum in jeglicher Richtung auskostet. Extreme Lagen und weit gespannte Bögen verleihen der Motette eine Spannung, die sich immer wieder in feierlichen Höhepunkten entlädt, bis die Motette zuletzt zu ihrer anfänglichen Ruhe zurückkehrt. An harmonischem Reichtum verliert sie zu keiner Zeit.
Nach dem kurzen choralartigen Lied In jener letzten der Nächte, das Bruckner für Passionsandachten komponierte, vereinen sich zum Schluss des Konzerts in Libera me Orgel, Posaunen und Chor miteinander. Auch diese Motetten werden trotz der Besetzung zu Bruckners A-cappella-Chören gezählt. Nicht nur haben sowohl Posaunen als auch die Orgel von Natur aus eine gewisse Ähnlichkeit zur menschlichen Stimme, auch in ihrer unterstützenden Funktion, die Bruckner ihn in den beiden Werken zuteilt, verschmelzen sie mit dem Chor. Mit Ecce sacerdos endet das Konzert schließlich feierlich, beinahe königlich. Ob nun diese Feierlichkeit oder eher die intime Ruhe anderer Motetten der himmlischen Ewigkeit für Bruckner am nächsten kommt, bleibt jedem selbst überlassen.
Franziska Klein